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Zum „Wikinger-Zyklus“ des pommerschen Malers Eckhard Buchholz

Dipl.-Hist. Lutz Mohr, Greifswald

Einleitende Bemerkungen

Der in Stralsund lebende und wirkende Maler und Grafiker Eckhard Buchholz (Jahrgang 1941), der fast zwei Jahrzehnte als 2. Vorsitzender des Pommerschen Künstlerbundes (PKB) e.V. fungierte, fand durch seine in den letzten Jahren geschaffenen sieben thematischen Ölgemälde zur nordischen und pommerschen Frühgeschichte in Form eines „Wikinger - Zyklus“ größere Beachtung im In- und Ausland. Mit dieser modernen Historienmalerei, in der sich Buchholz an seinem großen Vorbild, Professor Werner Tübke, orientierte, erweckte er dieses heute künstlerisch wenig gepflegte Genre zu neuem Leben. Inspiriert für seine bisher wohl größte künstlerische Herausforderung wurde der moderne Meister durch das besondere Interesse an Land und Leuten, Kunst und Kultur Nordeuropas – er stellte bereits auf Island aus – und seine langjährige Freundschaft mit dem Verfasser, der mehrmals Skandinavien auf Wikingerspuren bereiste. Auf dieser Basis und dem schöpferischen Meinungsstreit entstanden die Konzeptionen für die entsprechenden thematischen Werke dieses Zyklus, der in Deutschland und in Nordeuropa wohl einmalig sein dürfte.

In Bezug auf unser Bundesland Mecklenburg-Vorpommern gibt es für die Wikingerforschung ein reiches Betätigungsfeld, da etliche Fragen in dieser Hinsicht einer Antwort harren. Insbesondere die in den Jahren 1995 bis 2000 zu Pfingsten in Peenemünde auf der Insel Usedom organisierten „Wikinger-Lager“ gaben wertvolle Impulse für die weitere Erforschung dieser geschichtsträchtigen Epoche, die Mecklenburg-Vorpommern im frühen Mittelalter zweifellos beeinflusste und mitprägte. So war es folgerichtig nur eine Frage der Zeit, dass die moderne Bildende Kunst die Wikinger entdeckte. Natürlich liegen über die Wikingerzeit eine Reihe bildkünstlerischer Zeugnisse älterer und jüngerer Zeit vor, aber in Bezug auf unsere Heimat beschritt Eckhard Buchholz als erster diese neue Richtung und schuf den Wikingern und ihrer Zeit ein bleibendes bildkünstlerisches Denkmal aus unserer modernen Sichtweise. Mit dieser Umsetzung gelang dem Künstler zugleich das Schließen einer historischen Lücke in Vorpommern.

Bildkommentare unter Berücksichtigung des historischen Hintergrundes

Als Wikinger werden im Allgemeinen die germanischen Vorfahren der heutigen Dänen, Schweden, Norweger und ihrer Nachfahren auf den Färöern und Island und im Besonderen ihre Seekrieger, Händler, Piraten, Eroberer und Kolonisten bezeichnet. In der nach ihnen benannten Zeit, eben der Wikingerzeit, die von etwa 800 bis 1100 n. Chr. datiert wird, haben die meererprobten Nordländer im Zuge ihrer Expansion zu Wasser und zu Lande in alle vier Himmelsrichtungen (sie entdeckten u.a. Amerika, Kanada, im Jahre 1000/01 rund 500 Jahre vor Kolumbus) auch die slawisch besiedelten Küsten des späteren Mecklenburgs, Pommerns, Polens und des Baltikums einbezogen. Archäologische Funde beweisen, dass die Nordländer am Ende des 8. Jahrhunderts – wenn nicht schon früher – unseren heimatlichen Küstenraum aufsuchten, um hier zu kämpfen, zu rauben, auch friedlich zu handeln oder gar zu siedeln.

Dieser historische Hintergrund und die Auseinandersetzung mit dem Gegenstand ergaben die Grundlagen für den Schaffensprozess sowohl des entsprechenden ersten Werkes des Künstlers „Anlandung der Wikinger an Pommerns Küste“ (Größe: 84 x 105 cm, auch die folgenden sechs). Eckhard Buchholz, dem Abstraktionen fern sind und der sich in seinem Stil zwischen Naturalismus und Impressionismus bewegt, meisterte das genannte erste „Wikingerbild“ im Frühjahr 1998.

In einer kräftigen, aber nicht überbetonten Farbgebung widerspiegelt der Künstler plastisch folgenden Inhalt: Wikingerschiffe mit ihren farbigen Rahsegeln landen bei leicht bewegter See an der vorpommerschen Küste, etwa auf Rügen oder Usedom. Die bewaffneten nordischen Seekrieger treffen jedoch an Land auf den Widerstand der alteingesessenen Slawen, der Pomoranen, deren ebenfalls bewaffnete Krieger sich den Wikingern entgegenstellen und in einen Kampf verwickeln. Die leichte Gischtkronen bildende See und der gelbliche Himmel im Bild symbolisieren einen Umschwung in der Wetterlage wie die Ruhe vor dem Sturm des sich anbahnenden Kampfes zwischen den nordischen Eindringlingen und den slawischen Verteidigern. Die verfärbte Sonne entschwindet am Firmament. Buchholz besticht durch seine detailgetreue Wiedergabe der Kämpfer, ihrer Kleidung und Waffen: Schilde, Schwerter, Streitäxte und vor allem den authentischen Kopfschutz, denn die Wikinger trugen entgegen dem weit verbreiteten Klischee keine Helme mit Hörnern! Der Ausgang des Kampfes bleibt bei Buchholz bewusst offen. In den Beziehungen zwischen Wikingern und Slawen wechselten sich Friedensperioden und Kriege, Siege und Niederlagen auf beiden Seiten ab, obwohl die heidnischen Wikinger bedingt durch ihre hervorragenden Schiffe – die besten ihrer Zeit – und ihrer Taktik des Überraschungsangriff als die Schrecken der Meere und unbesiegbaren Seeteufel im christlichen Abendland Europa bezeichnet wurden.

Das zweite Gemälde des Künstlers „Die Jomswikinger und ihre Jomsburg“, das im Herbst 1998 entstand, offenbart – nicht für Jedermann ersichtlich – einen historisch kontroversen Inhalt. Nordische Überlieferungen, wie Sagas und Strophen von Skalden, den fahrenden Sängern und Dichtern an den skandinavischen und englischen Königs- und Fürstenhäusern aus der Zeit vom 10. bis 13. Jahrhundert sowie zeitgenössische christliche Geschichtsschreiber aus Island, Norwegen und Dänemark berichten von einer besonderen wikingerzeitlichen Kriegergemeinschaft an Pommerns Küste, die Jomswikinger genannt wurden. Nach diesen Zeugnissen zu urteilen, siedelten sich die aus Dänemark stammenden Seekrieger offensichtlich auf vertraglicher Grundlage zwischen den damaligen Polenherrschern Mieszko I. (um 950-992) und Boleslaw I. Chrobry (992-1025) und den Dänenkönigen Harald Blauzahn (um 940-985/86) und Sven Gabelbart (986-1014) im letzten Viertel des 10. Jahrhunderts in dem von Polen unterworfenen Pommern, in einem bestimmten Küstengau namens „Jom“ an. Für das ihnen vom polnischen Herzogshaus übereignete Land, das wahrscheinlich die Inseln Usedom und Wollin sowie das westlich vorgelagerte Festland an der südlichen Küste des Greifswalder Boddens umfasste, hatten die Jomswikinger sozusagen als Berufskrieger und wehrhafte Siedler gleichermaßen dafür den Schutz der polnisch-pommerschen Ostseeküste mit dem Hinterland um den bedeutendsten Seehandelsplatz im Ostseeverkehr, Jumne oder Jumneta genannt, zu gewährleisten. Diese frühmittelalterliche Hafenstadt, die sogar Orientalen bekannt war und die später zum „Vineta der Sage“ wurde, bezeichneten die Wikinger als Jom. In dem Küstengau gleichen Namens entstand ein politisches, militärisches und kultisches Zentrum des Jomswikingeradels: Die Jomsburg mit einem Hafen, der bis zu 300 Wikingerschiffen Liegeplätze bot. Später etablierten sich die Jomswikinger zu einer selbständigen und gefürchteten Macht im Ost- und Nordseeraum, die sogar das Mutterland Dänemark, Norwegen, Schweden und auch England heimsuchte. Während der Regierungszeit des energischen Königs Erik I. Ejegod (1095-1103) gelang es schließlich der dänischen Streitmacht zu Wasser und zu Lande 1098 die Jomsburg in Pommern einzunehmen und die Jomswikinger endgültig zu besiegen. Nach nicht ganz 150jähriger Existenz entschwanden die Jomswikinger dem Schauplatz der Geschichte und hinterließen der Nachwelt leider eine Vielzahl von Fragen, die bis heute nicht beantwortet werden konnten. Wikingerburgen aus Holz mit hohen Palisaden und See- und Landtoren in der Art, wie die Anlage der Jomsburg überliefert wurde, hat es tatsächlich gegeben. Archäologen konnten im Verlauf des 20. Jahrhunderts vier Ringburgen in Dänemark (Aggersborg, Fyrkat, Trelleborg, Nonnebjerg) und in jüngster Zeit eine in Südschweden, in der Stadt Trelleborg in der Provinz Skane (Schonen) freilegen, die der Regierungszeit der dänischen Könige Harald Blauzahn und Sven Gabelbart zugeordnet werden. Die letztgenannte schwedische (ehemals dänische) Wikingerburg, deren Rekonstruktion 1994 abgeschlossen wurde, konnte der Verfasser im April 1998 selbst in Augenschein nehmen. Obwohl die Archäologie hinsichtlich der Jomsburg in Pommern bisher keine materielle Hinterlassenschaft entdeckte, wird ihr Geheimnis sicherlich eines Tages durch die Wissenschaft, etwa mit Methoden der modernen Unterwasserarchäologie, entschlüsselt werden.

Der Künstler vermittelt uns die Jomswikinger wie folgt: Im Vordergrund erleben wir ein aktives Treiben der wehrhaften nordischen Siedler, eben der Jomswikinger, an einer Wiek der pommerschen Küste beim Anlegen eines ihrer Schiffe. Mit dem Schiff und seinem großen Rahsegel, das den Hafen anläuft in der Mitte, erzielt der Künstler den Übergang zum Hintergrund, in dem die Burgsiedlung mit ihrer hohen Palisade, das Seetor und weitere auslaufbereite Schiffe dominieren. Das Signalfeuer der Burg begrüßt die Heimkehrer. Der kontrastreiche Himmel verleiht dem Bild in seiner Aussage eine gewisse Unruhe, als hätten sich die kampferprobten Nordmannen Feinden oder Naturgewalten zu erwehren. Ja, so könnte sich das unruhige Leben jener Wikinger in der pommerschen Jomsburg, das mehr von Krieg als von Frieden bestimmt war, vor etwa 1000 Jahren abgespielt haben!

Das dritte Werk des Zyklus „Alltag in einer Wikingersiedlung“, das Buchholz im Frühjahr 1999 schuf, steht sozusagen als ruhender Pol und stellvertretend für ein friedliches Wikingertum, das in Gestalt des Handels und Handwerks sowohl in den nordischen Ursprungsländern als auch an der Küste unseres Bundeslandes, so in Groß Strömkendorf bei Wismar, Ralswiek auf Rügen, Menzlin an der Peene oder Wollin an der Dievenow nachgewiesen wurde. Die Nordländer jener Zeit verkörperten nicht nur den gefürchteten Seekrieger und Eroberer, sondern auch den den Unbilden der Natur trotzenden Bauern und Kolnisten, geschickten Handwerker, gewieften Händler oder gar den sensiblen Künstler. Mit diesem Bild gelang Buchholz eine hervorragende künstlerische Umsetzung des normalen Alltags der Wikinger, in dem die Wikingerfrau eine hohe Stellung einnahm, in lebendiger und detaillierter Form. Es ist ein bildkünstlerisches Dokument des friedlichen und „kaufmännischen“ Wikingertums.

In den Sommermonaten 1999 entstand das vierte thematische Ölgemälde, das den bisherigen geografischen Rahmen ausweitet und internationalen Charakter trägt: „Die Niederlage der Wikinger gegen König Arnulf von Kärnten in der Schlacht bei Löwen anno 891“. Die konzeptionellen Wurzeln dafür fand der Verfasser während eines Studienaufenthaltes bei Vereinsfreunden im österreichischen Bundesland Kärnten in der historischen Persönlichkeit Arnulf von Kärnten (um 850-899). Er war der Urenkel Kaiser Karls des Großen (742-814), der an der Spitze seines Heeres im Jahre 789 erobernd gar bis an die Peene beim heutigen Demmin vorgedrungen war, und der letzte karolingische König und Kaiser des Ostfränkisches Reiches, aus dem später (919) das frühfeudale Deutsche Reich hervorging. Jener frühmittelalterliche Herrscher des Abendlandes brachte den Wikingern am 20. Oktober 891in einer Landschlacht bei Löwen an der Dyle in der heutigen belgischen Provinz Brabant eine vernichtende Niederlage bei und zerstörte den Mythos von ihrer Unbesiegbarkeit. Durch den Sieg dieses „Königs aus den Bergen“ wurde die Wikingergefahr großen Stils auch auf späteren deutschen Boden gebannt. Buchholz stellte sich auch dieser schwierigen Aufgabe und wählte folgende künstlerische Aussage: König Arnulf, der seinen Kriegern in der Schlacht voranreitet, stellt die zentrale Figur in der Mitte dar. Um den König scharen sich seine Krieger, die nicht nur ihren obersten Gebieter schützen, sondern zugleich die sich verbissen verteidigenden Nordländer im Kampf überwältigen und hinter ihre Verschanzungen treiben. Die leicht bekleideten Wikingerkrieger fallen im Nahkampf unter den Schwerthieben und Lanzenstößen der vorteilhafter ausgerüsteten und vorwärtsstürmenden ostfränkischen Krieger. Die durch Brandpfeile in Feuer geratenen Wikingerboote am Flussufer der Dyle (Djile) dokumentieren, dass die Nordländer während der Schlacht nicht mehr auf den Fluss entweichen können. Der ins Abendrot getauchte Himmel und der knieende händeausbreitende Wikingerkrieger links unten im Bild, wahrscheinlich ihr heidnischer Odinspriester, behaften die gigantische Schlacht mit einer mystischen Stimmung. Sie wollen symbolisieren, dass auch hier der allmächtige Gott der Christenheit über die Götter der damals noch heidnischen Wikinger triumphiert habe. Buchholz gelang damit ein Historiengemälde voller Dynamik und Dramatik, dessen historischer Hintergrund sich in den heutigen Staaten Deutschland, Frankreich, Österreich, Belgien und Dänemark vollzog.

Zur Adventszeit des Jahres 1999 vollendete der Stralsunder Künstler das fünfte Bild, dessen Inhalt wieder mit Vorpommern in Verbindung steht: „Die Wikinger-Königsschlacht von Svoldr am 9. September 1000“. Buchholz strebte auch hierbei eine möglichst detailgetreue Wiederspiegelung dieser gravierenden Seeschlacht vor 1000 Jahren an, in der Wikinger gegen Wikinger kämpften und die nach der nordischen Quellenlage mit hoher Wahrscheinlichkeit im Greifswalder Bodden bei der Insel Vilm stattfand. Gerade dieser Aspekt, dass die Schlacht in pommerschen Gewässern ausgefochten wurde, inspirierte den vorpommerschen Künstler damit ein weniger bekanntes Detail der frühen Geschichte Skandinaviens und Pommerns zu dokumentieren.

Die Ursachen, die zur Seeschlacht von Svoldr führten, und das historische Umfeld lassen sich wie folgt skizzieren: Im Sommer des Jahren 1000 weilte der junge norwegische König Olaf I. Tryggvason, der nur fünf Jahre regieren sollte (995-1000), mit einer kleinen Flotte von elf Schiffen, darunter dem berühmtesten Schiff jener Zeit, der „Langen Schlange“, zu Verhandlungen bei seinem Schwager Herzog Boleslaw I., dem späteren König von Polen, im pommerschen Wollin oder Cammin. Dabei traf er sich auch mit seinem anderen Schwager Jarl Sigvaldi Haraldsson, den Gebieter über die Jomswikinger. Der norwegische König hatte sich jedoch durch seine harte Politik, die rigorose Einführung des Christentums in seinem Reich und die Machtansprüche gegenüber den königlichen nordischen Nachbarn zahlreiche Feinde im Heimatland, in Dänemark und Schweden geschaffen. Nur Polen blieb Norwegen freundschaftlich verbunden. Gegen Olaf I. war alsbald eine feindliche Koalition auf höchster Ebene im In- und Ausland entstanden. Die führenden Köpfe, König Sven Gabelbart von Dänemark, König Olaf Eriksson von Schweden (995-1022) und die abtrünnigen norwegischen Jarlssöhne Erik und Sven Hakonsson im Bunde mit Jarl Sigvaldi, arbeiteten zielstrebig daran, den königlichen Außenseiter, der immer mächtiger wurde, schnellstens zu beseitigen. Als Olaf I. In Pommern weilte, hatten seine Gegner in Geheimverhandlungen vereinbart, wie und wo man sich am besten des unbequemen Königs entledigen könnte und wie Norwegen nach Olafs I. Fall aufgeteilt werden sollte. Der Zeitpunkt der Abrechnung ergab sich bald. Nach Auslaufen der norwegischen Schiffe in den ersten Septembertagen des Jahres 1000 aus dem Stettiner Haff, die von mehreren Schiffen der Jomswikinger begleitet wurden, war Olafs Flotte anscheinend nach Passieren der Peenemündung ein Hinterhalt bei der Insel Svold (Vilm?) in der Svoldrbucht (Greifswalder Bodden?) gelegt worden. Jarl Sigvaldi, der heuchlerische Schwager Olafs, lotste entsprechend seinem Auftrag die Norwegerflotte in die Falle. Gedeckt durch die Insel Svold, lag eine vereinigte dänisch-schwedische Flottenmacht von insgesamt 82 Schiffen im Hintergrund, die mit Wucht hervorbrach, als das gewaltige Königsschiff „Lange Schlange“ nahte, das vom König selbst befehligt wurde. In der Svoldrbucht tobte eine äußerst erbitterte Schlacht, in der zahlreiche Krieger Olafs binnen kurzem der feindlichen Übermacht zum Opfer fielen. Schließlich enterten die Mannen Jarl Erik Hakonssons, Olafs ärgsten Feindes, das sich zäh verteidigende Königsschiff und streckten die Mannschaft in einem blutigen Gemetzel nieder. Angesichts der ausweglosen Lage sprang König Olaf I. Tryggvason in voller Rüstung von Bord in die See und wählte den Freitod. Damit war die Schlacht entschieden.

In diesem Historiengemälde, mit dem sich Buchholz mehr und mehr seinem künstlerischen Vorbild Werner Tübke annähert, ist der Kampf um das norwegische Königsschiff das Beherrschende. Die feindlichen Wikingerschiffe ziehen den Kreis um die „Lange Schlange“ immer enger. Pfeile von Bogenschützen schwirren über die Schiffe und treffen manchen Krieger. Der Künstler lässt Farben spielen – Licht durchflutet die Schlacht bei herrlichem Sommerwetter, so wie es die nordischen Sagas vermeldeten. Jarl Eriks Mannen von seinem Schiff „Bardi“ entern schließlich das Königsschiff. Ihnen stellen sich bis zuletzt die zäh verteidigenden norwegischen Seekrieger mit Schild, Schwert und Ger bewaffnet entgegen. Die Übermacht der Feinde triumphiert. Ausweglos springt der junge König mit dem Schild über dem Kopf vom Vorschiff über Bord. Meisterhaft lässt Buchholz diese Szenerie der Schlacht abspielen und vermittelt somit den Eindruck, als wäre man am Ort des Geschehens vor 1000 Jahren dabei gewesen. Das Werk widerspiegelt in meisterhafter künstlerischer Umsetzung einen geschichtlichen Augenblick, der nach dem 9. September 1000 weitreichende politische Folgen bei den Völkerschaften diesseits und jenseits der Ostsee bewirken sollte, so unter anderem den Ausbau der dänischen Hegemonie im Ostseeraum.

Zum Pommerntreffen Ende 2000 in der Hanse- und Universitätsstadt Greifswald stellte Buchholz das sechste Bild aus seinem Zyklus vor, mit dem er sich erstmalig einem bedeutenden geschichtlichen Ereignis Rügens zuwandte, das im Zusammenhang mit den dänischen Nachfahren der Wikinger steht: „Die Kapitulation der slawischen Tempelburg Arkona auf der Insel Rügen im Juni 1168“. Die Insel Rügen und ihr beherrschender Stamm der slawischen Ranen waren in der Zeit vom 10. bis 12. Jahrhundert mehrfach Angriffsziel der nordischen Nachbarn, der Wikinger und später ihrer dänischen Nachfahren. Den dänischen Wikingern gelang die Eroberung Rügens jedoch nicht, da sich die Ranen den wikingerzeitlichen Nordländern ebenbürtig erwiesen. Eine der Ursachen der Stärke des slawischen Inselvolkes mag im gemeinsamen Kult ihres Kriegs- und Fruchtbarkeitsgottes Swantevit und dessen Priesterkaste zu suchen sein. Die Swantevit-Priester besaßen im Volk mehr Einfluss als dessen Fürsten. Das Hauptheiligtum der Ranen, die Tempelburg Arkona mit dem übermannshohen hölzernen Swantvit-Bildnis, dem heiligen Ross, Feldzeichen und Orakel, war den slawischen und nordischen Völkerschaften im gesamten frühmittelalterlichen Ostseeraum gleichermaßen bekannt. Jedoch war Dänemark in der Mitte des 12. Jahrhunderts durch den anhaltenden „Prinzenkrieg“ so geschwächt, dass es keine Gefahr für die slawischen Nachbarn bedeutete. Erst mit König Waldemar I., der von 1157-1182 regierte und dem Bischof Absalon von Roskilde (1128-1201), dem späteren Erzbischof von Lund, erhielt Dänemark zwei fähige und energische Potentaten an die weltliche und geistliche Spitze des Reiches, die die dänische Hegemonie im Ostseeraum erneut vorantrieben. Beide konzentrierten sich auf die Eroberung Rügens und die Vernichtung des heidnischen Swantevitkults. Im Mai 1168 erwies sich für Dänemark der Zeitpunkt dafür reif. Eine vereinigte Flotten- und Heeresmacht der verbündeten Dänen, Mecklenburger und Pommern landete unter der Führung des Königs und Bischofs an der Küste Westrügens, danach marschierten die Truppen auf Arkona zu. Eine wochenlange Belagerung begann, bis die Verteidiger von Arkona am 15. Juni, nach anderen Quellen zu Pfingsten, ohne größeren Widerstand kapitulierten. Diesen dänischen Feldzug wider Rügen und die Einnahme von Arkona überlieferte der Nachwelt ein Augenzeuge und Kriegsteilnehmer, der dänische Chronist und Geheimschreiber Absalons, Saxo Grammaticus (um 1150-1220). Seine Berichterstattung war demzufolge die Grundlage für die künstlerische Umsetzung des geschichtlich bedeutsamen Ereignisses der Kapitulation von Arkona, die Buchholz genial gelang. Nach Saxo ergaben sich die Verteidiger der Tempelburg nach dem Niederbrennen der Befestigungswerke und Verlusten ranischer Krieger fast widerstandslos, obwohl zum Schutz des Tempels 300 slawische Krieger bereitstanden. König Waldemar schaute dem Treiben aus sicherer Entfernung zu. Dass die Dänen die Tempelburg nicht erstürmten und gänzlich nieder brannten, war ranischen Unterhändlern zu verdanken, die Absalon die Kapitulationsabsichten übermittelten. König Waldemar akzeptierte die Kapitulation der Ranen, aber unter gewissen Bedingungen, so der Auslieferung des Tempelschatzes, der Annahme des Christentums und der Abkehr vom Swantevit-Götzenkult.

Saxo überlieferte aber auch, dass die Rügenfürsten Tezlaw und Jaromar I. der Tempelburg Arkona keine Unterstützung leisteten, weil sie mit dänischer Hilfe die Macht der einheimischen Priesterkaste endlich brechen wollten. Wie dem auch sei, die dänischen Krieger marschierten mit Bischof Absalon an der Spitze in die Burg ein und versammelten sich mit den überlebenden ranischen Verteidigern vor dem Swantevit-Tempel. Genau diesem Ereignis der Kapitulation widmete sich der Künstler: Im Vordergrund erkennt man die dänischen Krieger, die sich waffenklirrend und siegessicher geben. Im Mittelpunkt erhebt sich als Zentralfigur Bischof Absalon, der Macht und Würde ausstrahlend und mit fast beschwörender Geste und Rede sowohl seine dänischen Gefolgsleute als auch die ranischen Verteidiger in seinen Bann zieht. Absalons Auftreten vor Menschen beider Völkerschaften in der heidnischen Tempelburg Arkona erhält weiteres Gewicht durch den bevorstehenden Sturz des hölzernen Swantevit, der von zwei dänischen Königsmannen ausgeführt wird, rechts im Bild. Im Hintergrund sieht man die besiegten Rügenslawen von Arkona in abwartender Haltung, ob sich ihr Gott Swantevit doch noch an den christlichen Dänen rächen werde, aber nichts dergleichen geschieht! Leichte Rauchschwaden links und ein rötlicher, fast in eine mysteriöse Stimmung getauchter Himmel symbolisieren die Wende für das Volk der Rügenslawen. Das Christentum verdrängt auch auf der Insel Rügen allmählich das Heidentum des Swantevit: Rügen wird Vasallenstaat Dänemarks, und als das Geschlecht der Rügenfürsten 325 ausstirbt, gelangt das Inselreich nach wechselvollen Kämpfen mit Mecklenburg zum Herzogtum Pommern. Mit diesem „Rügenbild“ schuf Buchholz nicht nur ein bestechendes Historiengemälde, sondern zugleich ein kunstgeschichtliches Denkmal urpommerscher Heimat.

Anfang September des Jahres 2000 vollendete Buchholz das siebente und abschließende Gemälde des „Wikinger - Zyklus“: „Der letzte Weg der Wikinger von Menzlin“, das mehr als die vorangegangenen von mytholgischem Inhalt geprägt ist. Die Inspiration dazu erhielt der Künstler vor Ort bei den „Wikinger-Toten-Steinschiffen“ von Menzlin, die er gemeinsam mit dem Verfasser mehrmals aufsuchte und dort inmitten Natur pur Geschichte lebendig und gegenwartsnah erlebte. Die Wikinger von Menzlin, die hier einst vor über 1000 Jahren inmitten des Landes unserer slawischen Vorfahren siedelten, hinterließen keine schriftlichen Aufzeichnungen. Aber die Archäologie konnte ihre etwa 200jährige Existenz vom 8. bis 10. Jahrhundert durch umfangreiche Grabungen und Funde in en Jahren 1938, 1965 bis 1969 sowie 1990 nachweisen. Es traten zahlreiche materielle Hinterlassenschaften der Nordländer zutage, so auch die steinernen Schiffssetzungen skandinavischen Vorbilds. Nordländer, schwedische oder dänische Wikinger, waren im Verlauf des 8, Jahrhunderts auf der Peene ins Hinterland eingedrungen, und fanden bei dem heutigen Menzlin bei Anklam eine neue Heimat. Auf den dortigen „Peenebergen“, auch „Tannenkamp“ oder „Altes Lager“ genannt, errichteten sie ihre Siedlung mit einer Begräbnisstätte und am nahegelegenen nördlichen Peeneufer einen Hafen und Bootsbauplatz. Siedlung und Hafen wurden durch eine Steinstraße verbunden, die heute als die älteste in Mecklenburg-Vorpommern gilt. Die mehr „kaufmännisch“ als kriegerisch veranlagten Wikinger waren geschickte Handwerker und fähige Händler, die Handelsverbindungen in ihre skandinavische Heimat, ins Baltikum und sogar bis nach Irland unterhielten. In dieser idyllischen und glücklicherweise bis heute wenig berührten vorpommerschen Landschaft fanden diese Nordländer auch ihre letzte Ruhe, wie das entdeckte große Gräberfeld beweist. Es konnten acht steinerne Schiffssetzungen unterschiedlicher Größe, elf Steinkreise, 33 Brandgräber und eine Ustrine (Verbrennungsplatz) freigelegt werden. Bei drei Steinschiffen, die wie in Kiellinie in Nord-Süd-Richtung liegen, heben sich eindeutig Bug- und Hecksteine hervor, während die Steine der „Bordwände“ mittschiffs wesentlich niedriger sind. Die Menzliner Steinschiffe ähneln denen in Dänemark und Schweden. Die in Menzlin nachgewiesene skandinavische Grabsitte, Tote in Urnen mit ihren Grabbeigaben in steinernen Schiffssetzungen beizusetzen, entsprach den heidnischen Vorstellungen der Wikinger, damit nach dem Tode in die Heimat und zu ihren Göttern Odin, Thor, Freyr, Balder, Njörd zurückzukehren oder für immer im Totenreich der Göttin Hel zu verweilen. Aus den Grabungsergebnissen ist auch zu schließen, das in Menzlin offenbar Wikinger und slawische Lutizen etwa 200 Jahre friedlich mit- und nebeneinander gelebt haben. Die sensationellen archäologischen Befunde in Menzlin warfen aber zugleich neue Fragen auf. Das Gräberfeld offenbarte nämlich ein Phänomen: Nach den geschlechtscharakteristischen Beigaben in den Brandgräbern handelte es sich um Wikinger-Frauengräber; nordische Männergräber wurden nicht entdeckt. Somit steht die Frage offen, wo verblieben ihre männlichen Gefährten? Es wäre denkbar, dass die um die Jahrtausendwende an der Odermündung ansässigen Jomswikinger zunächst auch der pulsierenden Siedlung Schutz vor Feinden boten, ehe sie zu Beginn des 11. Jahrhunderts gefürchtete Piraten wurden. In diesem Zusammenhang könnten sie auch Menzlin nach Beute heimgesucht und zerstört haben. Die männlichen Bewohner, die die Siedlung verteidigten, wurden überwältigt, getötet oder in die Sklaverei verschleppt. Das wäre eine Erklärung für das jähe und unerklärliche Ende dieser Siedlung und die bis zu 850 rechnerisch erschlossenen Gräber. Die Menzliner Wikingerinnen aber überlebten und begaben sich anscheinend kurze Zeit später angesichts des Chaos und voller Trauer um ihre männlichen Begleiter selbst zur ewigen Ruhe, zum letzten Weg nach Hel. Die durch die Forschung erzielten Ergebnisse geben Aufschluss über den historischen Hintergrund der Zeit der Wikinger von Menzlin, deren Ende bis heute geheimnisvoll geblieben ist. Mit der künstlerischen Umsetzung der wahrscheinlichen Version des mysteriösen Schlussaktes der Wikingerfrauen von Menzlin, ist Buchholz ein Höhepunkt seiner Historienmalerei gelungen. Insbesondere in diesem Gemälde läst der Künstler seinen Gedanken freien Spielraum verarbeitete sie visuell so:

Der überlebende Sippenälteste, zugleich Priester und Skalde der zerstörten Menzliner Siedlung, versammelt sich mit den hinterbliebenen nordischen Frauen in einer Sommernacht des siebenten Monats des Jahres 999 n.Chr. auf den Peenebergen, im heiligen Hain bei den Steinschiffen, die einst ihre Ahnen errichteten, zum letzten Ritual. Der alte Priester im Vordergrund als die beherrschende Figur sitzt mit ernster Miene und wie gebannt vor dem lodernden Feuer und hält innere Zwiesprache mit den nordischen Göttern. Sowohl das von einem stürmischen Leben geprägte Sippenoberhaupt als auch die demutsvollen und in Trauer verharrenden Wikingerfrauen in der Bildmitte bereiten sich auf ihren letzten Weg vor: Sie wollen sich durch den Feuertod freiwillig ihren Göttern opfern, um in ihre alte Heimat zurückkehren zu können. Das in die Erde gesteckte Schwert, der abgelegte Helm und der Schild sowie die Vorratskrüge symbolisieren die letzte Reise. Die düstere Stimmung zu nächtlicher Stunde und der fade leuchtende Vollmond, der sich in den Bäumen des Menzliner Waldes widerspiegelt, verleihen dem nordischen Ritus eine gespenstisch-schaurige Stimmung. Zwei Raben, die dem Hauptgott Odin geweihte Vögel Huginn und Munnin, Gedanke und Gedächtnis, fliegen als Todesboten am Firmament. So könnte sich das dramatische Ende der letzten nordischen Bewohner in Menzlin vollzogen haben! Aber die Wikingerfrauen haben durch den freiwilligen Opfertod jedoch nicht alle Spuren in pommerscher Erde verwischen können, da sie nach reichlich 1000 Jahren durch die Wissenschaft wieder entdeckt wurden. Aus Buchholz` abschließendem Historiengemälde, in dem er erstmalig einen mythologischen Stoff aus der Welt der Wikinger bearbeitete, lässt sich zudem der ewige Kreislauf des Entstehens, Werdens und Vergehens nachvollziehen, dem auch die moderne Menschheit unterworfen ist, gleich, ob sie es wahrhaben will oder nicht. Der „Wikinger - Zyklus“ des Stralsunder Künstlers ließ nicht nur in Deutschland aufhorchen, sondern fand auch Interesse in den USA, Polen und Island. Im Jahre 2003 waren diese Gemälde gar im „Runestone - Museum“ Alexandria im amerikanischen Bundesstaat Minnesota, der Heimat des spektakulären „Kensington-Runensteins“, für mehrere Monate der Öffentlichkeit zugänglich, danach in Polen, in der ehemaligen Residenz der Pommernherzöge in Stettin. Anschließend folgten zahlreiche Ausstellungen in mehreren Städten Mecklenburg-Vorpommerns. Eine beachtenswerte Resonanz fand die jüngste Ausstellung des Künstlers in Schwerin, die dort in der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern unter dem Titel: „Slawen & Wikinger – Rügens nordische Vergangenheit. Der pommersche Historienmaler Eckhard Buchholz“ in der Zeit vom 27. März bis 20. Juni 2008 präsent war. Im Vorfeld erarbeitete der Verfasser zwei entsprechende Publikationen: 1. „Eckhard Buchholz – Ein pommerscher Künstler. Historien- und moderne Maleri“ (Greifswald: fritzson-Verlag 2007), 2. „Kommentare zu den Historienbildern des Malers Eckhard Buchholz“, die als Begleitheft zu dieser Sonderausstellung durch die Landesbibliothek im März 2008 herausgegeben wurde.

Eine kurze Vita über den Kunstschaffenden

Eckhard Buchholz, der am 14. März 2006 seinen 65. Geburtstag beging, wurde 1941 in Stettin geboren und musste im Zuge des Vordringens der Roten Armee 1944 mit seinen Eltern nach Stralsund fliehen. Dort erlernte er 1956 den Beruf eines Kfz-Schlossers und war seit 1959 als Motorenschlosser bei der Volkswerft Stralsund tätig. Als Autodidakt gelangte er zur Bildenden Kunst und war von 1976 bis 1979 Schüler bei Professor Tom Beyer. Danach absolvierte Buchholz bis 1981 ein Studium der Kunstgeschichte an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald bei Professor Nikolaus Zaske. Von 1986 bis 1987 bewältigte er ein weiteres Studium der Malerei und Grafik bei Professor Brendel an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Im Jahre 1991 wurde Buchholz Mitglied des Pommerschen Künstlerbundes und 1992 zu dessen 2. Vorsitzenden gewählt. Diese Funktion übte er bis Frühjahr 2008 aus. In seinem vielseitigen Schaffen heben sich eindeutig das Triptychon „Die Wiedervereinigung“ (1990/91), der „Wikinger–Zyklus“ (1998-2000), die siebenteilige Grafikfolge „Aus der Wikingerzeit“ (2002) sowie die großformatigen Historiengemälde „Die Christianisierung Pommerns durch Bischof Otto von Bamberg zu Pfingsten 1128“ (2004) und „Der Auftakt zur Schlacht an der Raxa“ (16.10.955)“ (2005) hervor. Weitere folgten, die in dieser Veröffentlichung ebenfalls Berücksichtigung finden. Der moderne Künstler pflegt aber nicht nur die Historienmalerei und schafft zeitgenössische Bildnisse, sondern sein breit gefächertes und vielseitiges Kunstspektrum beinhaltet auch maritimes Genre, Porträts, Stielleben und andere Motive. Seine Werke unterschiedlichen Inhalts mit der ihm eigenen realistischen Malweise machten Eckhard Buchholz weit über die Grenzen unseres Bundeslandes hinaus bekannt.